Die gewaltsame Geburt des Sonnensystems – das NIZZA-MODELL

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts war das Sonnensystem für seine Vielfalt an Himmelskörpern bekannt.
Neben den Planeten und dem Planetoidengürtel wusste man von kometenartigen Objekten,den Zentauern, die zwischen den Gasplaneten kreisen, des Weiteren von trojanischen Planetoiden, die auf den Umlaufbahnen vieler Planeten reisen.
Zudem war gerade der äußere Kupier-Gürtel entdeckt worden. Um all diese Objekte herum lag eine eine Sphäre kometenartiger Körper, die Oort´sche Wolke.
Unklar war nur, wie sich ein solches System aus einer Protosternwolke aus Staub und Gas entwickeln konnte.
Von extrasolaren Systemen wusste man, dass riesige Planeten oft viel näher an ihrem Stern waren, als man es für möglich hielt. Vielleicht waren auch die riesigen Planeten des Sonnensystems nahe der Sonne entstanden.

Planetenmigration:
2005 entwickelten vier Astronomen in Nizza (Frankreich) eine Theorie über die Entwicklung des Sonnensystems. In diesem als „Nizza-Modell“ bekannt gewordenem Ansatz behaupteten sie, dass die drei äußeren Planeten des Sonnensystems, Saturn, Uranus und Neptun, einst viel näher an der Sonne kreisten als heute.
Jupiter war mit 5,5 astronomischen Einheiten ( 1 astronomische Einheit = mittlere Entfernung der Erde zur Sonne) etwas weiter entfernt als jetzt, aber Neptun lag näher, nur 17AE (jetzt 30 AE) entfernt.
Von Neptuns Umlaufbahn erstreckte sich bis auf 35 AE eine riesige Scheibe kleinerer Objekte, die Planetesimale. Die riesigen Planeten (Saturn, Uranus, Neptun) zogen diese Planetesimale nach innen, und im Gegenzug begannen Saturn, Uranus und Neptun, langsamvon der Sonne weg zu driften.
Planetesimale, die auf die große Schwerkraft des Jupiters trafen, wurden an den Rand des Sonnensystems befördert, in die Oort´sche Wolke – mit der Wirkung, dass Jupiter nach innen verschoben wurde. (aktuelle Orbitalentfernung 5,2 AE).

Resonanzorbit
Letztlich verlagerte sich Saturn einer resonanten 1:2 – Umlaufbahn mit Jupiter, was bedeutete, dass Saturn doppelt so lange um die Sonne braucht wie Jupiter.
Die gravitativen Effekte dieser Resonanzbahn zwingen den Saturn – und dann Uranus und Neptun – in stärker exzentrische Bahnen (extremer gedehnte Ellipsen). Die Gasriesen fegten durch die wirbelnde Planetenscheibe, zerschlugen fast alles und lösten das sogenannte „Late Heavy Bombardement aus, das vor etwa 4.000.000.000 Jahren stattfand.
Zehntausende Meteoriten wurden von der äußeren Scheibe geschleudert und gingen auf die inneren Planeten nieder.
Ein Großteil der Planetisimalen Scheibe wurde zum Kupier – Gürtel, der bei 40 AE an die Neptun – Umlaufbahn gebunden ist. Einige der Planetesimale wurden von der Gravitation der Planeten eingefangen und zu ihren Monden, andere wurden zu Trojanern und füllten stabile Umlaufbahnen – und manche entwichen dem Planetengürtel.
Es gibt auch Planetesimale, die sehr weit nach außen befördert wurden – darunter die Zwergplaneten Sedna und Eris, die 2003 und 2005 entdeckt wurden.
Das Nizza – Modell funktioniert für viele Startszenarien des Sonnensystems sehr gut.

Quelle: Das Astronomie Buch